Nicht selten sehe ich Menschen mit ihrem Welpen, die Mühe und Not haben, diesen zum Laufen an der Leine zu bekommen. Sie sträuben sich weiter zu laufen, bleiben sitzen, und wenn die Leine fallen gelassen wird, hoppeln die Kleinen schnurstracks nach Hause. Es wird gelockt, es wird gelobt und obendrauf ein bühnenreifes Stück „Ich mache alles, damit du nur kommst“ auf der Straße vorgeführt, damit der Welpe den Weg auch zu uns finden kann.
Wenn das nicht funktioniert, steht man ratlos vor dem Welpen mit der Vermutung, dass der Züchter den Welpen mit einer Fehlfunktion verkauft hat. Nur gut, dass aus der Ferne diese Ratlosigkeit erkannt wird und sofort steht die Hilfe auch mit Rat und Tat zur Seite. Nun wird empfohlen, den Welpen einfach hinterher zu ziehen, denn schließlich muss er es lernen, und wenn man sich dieses jetzt schon gefallen lässt, dann hat man es später verdammt schwer.
Es fällt schnell auf, dass die Welpen kein gutes Verhältnis zu der Leine haben und noch weniger bekommen, wenn das Pauschalgesetz sofort umgesetzt wird. Wie auch?, denn das Pauschale birgt Gefahren. Ein leichtes Ziehen, bis sich die Blockade löst, ist sicherlich legitim. Konflikte gibt es allerdings dann, wenn man den Welpen wie einen Sack Reis hinterher zerrt. Noch fataler ist es dann, wenn man dieses nicht Weiterlaufen als Ungehorsam ansieht und sehr emotional auf den Hund schimpft.
Dabei ist es alles andere als „keinen Bock“ zu haben oder etwa eine Verweigerung. Verweigern kann man nur das, was man erlernt hat. Ich bezweifle, dass ein 8 Wochen alter Hund verstanden hat, wie man an der Leine geht. Die Leine bedeutet, eine Verbindung mit einem anderen Lebewesen einzugehen, und das ist selten eine Frage der Selbstverständlichkeit, sondern von tiefstem Vertrauen.
Dieses gegenseitige Einlassen und Verstehen ist ganz hohe Kommunikation. Es erfordert Intuition, Feingefühl und ein technisches Verständnis sowie das dazu gehörige Handling, mentales Loslassen und nicht Kontrolle, sondern zielgerichtete klare Führung. Wer kein Handling hat, sollte die Leinenführung „Trockenüben“ und nicht am Hund ausprobieren. Der Hund muss sofort spüren, dass Sie wissen, was Sie da machen.
Was steckt hinter diesem „Verweigern” wirklich?
Untersuchungen an Wölfen und auch an verwilderten Hunden haben gezeigt, dass Welpen bis zur 12.–14. Woche einer Ortsbindung unterliegen, die von Mutter Natur aktiviert wird. Sie ist vor der Personenbindung aktiviert, was auch erklärt, weshalb so mancher Welpe den Weg zur sicheren Wurfhöhle (Zuhause) einschlägt und den verdutzten Halter einfach stehen lässt.
Das macht auch Sinn! Denn wenn man bedenkt, dass die Welpen die Mutter erst ab der 12.–16. Woche auf kleine Streifzüge begleiten dürfen, weil sie vorher weder die Kraft noch die Fähigkeiten haben, muss irgendetwas die Welpen an die Wurfhöhle binden, damit sie der Mutter beim Nahrungserwerb nicht hinterher rennen. Und somit hat die Natur einen Radius vorgegeben, der nicht durchbrochen wird. (Dies nutze ich in jedem Ausbildungselement – das innen nach außen Lernprinzip).
Bevor man also den Welpen schimpft oder ihn hinterher schleift, ist es besser, erst einmal Verständnis für sein Verhalten zu haben. Für mich ist die Leine ein großer Initiator für Konflikte für einen sensiblen Kommunikationsaufbau und daher bekommen meine Welpen bis zur 16. Woche keine Leine. Sie lernen sie kennen, aber nicht auf dem „Spaziergang”. Leinenarbeit ist eine Kunst, denn sie verlangt alles an Gefühl, Hingabe, Liebe und Gespür für die richtige Intensität ab, die man aufbringen kann.
Da diese Art der Kommunikation ganz hohes Niveau ist, lernen die kleinen Racker bei mir erst einmal die einfachen Sätze, bevor wir das Niveau steigern. Was will man in der Grundschule auch mit Quantenphysik?
Mit Hunden leben – Hundeschule
Das war echt spannend!
Danke für diesen Beitrag wir werden versuchen das neugewonnene Wissen zu berücksichtigen bei unseren kleinen Diva 🙂
LG
Nelli
Danke für dein Feedback Nelli. Freut mich sehr, dass dir mein Beitrag von Nutzen ist.
LG Carsten Wagner