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Miniatur Bullterrier überwindet Trauma

Nadja und Crouiser - Traumabewältigung
geschrieben von Carsten Wagner

Hundeausbildung kann so einfach sein, muss es aber nicht. Wie vielschichtig Trainingsansätze sein können und manchmal sogar sollten, zeigt diese wunderbare Geschichte von Nadja Neumann und Sabrina Reis, die trotz unzähliger Hürden den Mut nie verloren haben, an ihren Hund zu glauben. Dieser unbeirrbare Glaube führte die beiden Halterinnen in ein ganzheitliches Begreifen, welches sie selbst stark positiv verändert hat. Doch lesen Sie selbst. Vielleicht kann diese Geschichte Mut machen und helfen, die Suche nach Hilfe mit anderen Kriterien zu belegen.

Cruizer – ein ganz besonderer Hund

Ist die erste Hürde der Kommunikation zwischen Mensch und Tier gemeistert, alte Verhaltensmuster und Strukturen aufgelöst und Vertrauen aufgebaut, kann sich in einer Momentaufnahme beim Tierarzt, mit einem Trauma des Tieres einiges ändern und man steht vor der nächsten riesigen Aufgabe!

Wer unsere Geschichte „Bullterrier und Halter finden wieder zueinander“ kennt, weiß, dass wir mit unserem Miniatur-Bullterrier Cruizer einen sehr harten, aber auch spannenden und lehrreichen Weg zurückgelegt haben. Einen Weg, den wir ohne Carsten heute nicht so stolz erzählen könnten! Wir sind unfassbar stolz darauf, dass wir heute ein fast normales Leben mit unserem Bulli führen können und Außenstehende in normalen Alltagssituationen nicht einmal merken, dass er Schwächen und Lücken hat, die wir mittlerweile füllen können.

Aus den ursprünglich ehrgeizigen, durchaus auch verbissenen, sehr statisch und technischen Hundebesitzern und einem kleinen verkannten deprivierten Bulli, ist dank Carsten ein Team geworden! Unser Zusammenleben ist sehr harmonisch geworden und von unseren alten Konflikten keine Spur mehr. Es ist eine gesunde Bindung entstanden, wir arbeiten viel an uns und dort muss man anfangen, um seinem Tier helfen zu können. Das Training macht mittlerweile richtig Spaß und hat diese Leichtigkeit, von der Carsten immer gesprochen hat!

Frei sein kann Arbeit bedeuten - Am Ende lohnt es sich immer!
Frei sein kann Arbeit bedeuten – Am Ende lohnt es sich immer!

Aufzuchtbedingungen Entscheiden über das weitere Leben.

Cruizer ist deshalb ein ganz besonderer Hund, weil er an einem starken Deprivationssyndrom leidet. Das bedeutet, dass durch eine reizarme Aufzucht bei einem verantwortungslosen Züchter, die Weichen für seine schlechte Sozialisation in der wichtigen Prägephase gestellt wurden. Carsten hat uns in erster Linie beigebracht ihn zu verstehen, ihn so zu akzeptieren wie er ist und ihm durch klare Abläufe und feste Strukturen die Sicherheit zu geben, die er braucht, um innere Ruhe finden zu können.

Es ist auch ein Geschenk so einen Freund an seiner Seite zu haben, weil man die kleinen Dinge im Leben zu schätzen lernt und nicht eben alles als selbstverständlich nimmt. Was ein „normaler“ Hund einfach kann, wie z.B. schlafen, ist für Cruizer manchmal eine Herausforderung und wir freuen uns tierisch über solche kleinen Fortschritte.

Entwicklungsstörungen schwächen das Immunsystem.

Leider ist unser Cruizer nicht nur mit einem bescheidenen Nervenkonstrukt gesegnet, sondern auch gesundheitlich von Welpe an, absolut angeschlagen. Deshalb müssen wir oft zu Tierärzten und es hat auch hier lange gedauert ihn zu stabilisieren und sein Immunsystem aufzubauen. Hier sollte vor ca. einem Jahr, bei einem Heilpraktiker, eine Enzymtherapie mit Schlangengift unterstützen. Die Therapie sollte mehrere Spritzen in den Rücken umfassen.

Immobilität und starker Schmerz – das Fundament für Traumata .

Wir vertrauten dem Fachmann und ließen ihn so behandeln. Man will ja nur das Beste für sein Tier und ihm helfen. Der Fachmann setzte seine Spritze so ungeschickt, dass diese genau die Wirbelsäule traf. Ich merkte, dass Cruizer ein unsicheres Verhalten aufbaute und plötzlich völlig steif wurde. Er drehte sich auf dem Tierarzttisch und biss nach mir. Leider stieß ich hier auf kein Verständnis, sondern auf die Meinung, dass Bullterrier eh kein Schmerzempfinden haben und hart im Nehmen seien.

Also verlangte der Tierarzt, ich solle den Hund richtig festhalten und setzte die nächste Spritze. Ich war von der ganzen Sache so überfordert, dass ich im ersten Moment tat, was der Tierarzt verlangte. Ich hielt Cruizer fest. Dass diese Aufforderung völligster Unsinn und gefährlich war, ist mir von vorneherein klar gewesen. Ich kannte ja meinen Hund. Doch manchmal ist man einfach nur so perplex, dass man tut, was der Fachmann verlangt.


Nachdem ich mich besonnen hatte, brachen wir die Therapie sofort ab, jedoch mit dem Ergebnis, dass unser Bulli wegen drei Spritzen eine schwerwiegende posttraumatische Belastungsstörung erlitten hatte. Carsten erklärte uns, dass diese Art von Trauma gerade dann entstehen kann, wenn der Hund durch äußere, oder auch innere Umstände in eine Immobilität gerät, in der er regelrecht gefangen und erstarrt extreme Angst verspürt, aus der er nicht ausbrechen kann.

Wird diese Angst noch mit massivem Schmerz kombiniert, entsteht ein Fundament für ein tiefsitzendes Trauma. Carsten sagte aber auch, dass der entscheidende Faktor der ist, den Hund aus diesem Zustand, aus der noch nicht verarbeiteten Situation, genommen zu haben. Wäre es möglich gewesen, den Hund in dieser Situation auf normal Vitalwerte zu bringen (normale Atmung, normaler Herzschlag usw. in Kombination mit sozialer Bindung), hätte es anders laufen können.

Dann fangen wir eben von vorne an!

 Mit Freude in der Tierklinik.
Mit Freude in der Tierklinik.

Er war vorher ein freundlicher und aufgeschlossener Patient, ließ sich überall untersuchen, weil wir das immer geübt hatten. Leider war davon nichts mehr übrig, wenn ich ihn halten wollte. Er hatte die Schmerzen der Spritze nicht mit dem Tierarzt oder der Praxis verknüpft, sondern mit mir und damit, dass ich ihn festgehalten habe und er nicht flüchten konnte!
Hier kommt wieder seine schlechte Sozialisation in der Prägephase ins Spiel.

Ein gut sozialisierter Hund würde das mit dieser Praxis und diesem Tierarzt, quasi dieser Situation, verbinden. Cruizer generalisiert das Negative und zeigte schnell das hysterische, aggressive Verhalten in jeder Praxis mit einem Tisch. Schon allein die Absicht ihn untersuchen zu wollen, brachte Cruizer in extreme Alarmbereitschaft, was für alle Beteiligten zu einer echten Herausforderung werden konnte. Schreien, massiver Widerstand, gepaart mit den Attacken gegen mich, die mich an meine eigenen Grenzen gebracht haben.

Das zu dem Zeitpunkt einzig Gute daran war, dass man überall mit ihm trainieren konnte, man braucht nur einen Tisch. Die richtige Hundeschule dafür hatten wir ja gefunden! Mit Hunden leben – Hundeschule 😊

Ideen für Verhaltensänderung zeigen sich oft erst bei der Arbeit

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Also haben wir bei unserem nächsten Training von unserem Problem gleich erzählt und es demonstriert. Er wäre nicht Carsten Wagner, wenn er nicht eine Idee gehabt hätte, wie er uns helfen kann! Ich glaube, 90% aller Hundeschulen hätten uns nach Hause geschickt, wenn sie das gesehen hätten. Cruizi ist dann wirklich nicht gut gelaunt und zeigt eine umgerichtete Aggression.

Er fällt erst in sich zusammen, wird ganz ruhig und in sich gekehrt, baut diese Panik und Phobie vor dem Schmerz auf und zeigt diese dann mit einer Entladung aus Hilflosigkeit und Wut. Cruizer ist dann in einem Tunnel, weder ansprechbar noch mit Futter rauszuholen.

Doch Carsten sieht das als Herausforderung und hilft einfach nur, wo er kann! Das macht diese Hundeschule so anders und anders ist gut und besonders!

In der Traumabewältigung muss man Emotionen aushalten lernen.

Jedoch war das emotional für uns und besonders für mich erneut eine riesige Herausforderung, dieses Thema anzugehen und zu akzeptieren, denn ich war wieder in mir gefangen. Ich habe mir Vorwürfe gemacht, dass ich zugelassen habe, dass ihm weh getan wurde und er solche Schmerzen leiden musste.

Es wird immer erst schlechter, bevor besser wird!
Es wird immer erst schlechter, bevor besser wird!

Ich war wütend auf den Arzt, ich habe mich bei anderen Ärzten dafür geschämt, dass er so austickt und hysterisch wird. Ich war immer wieder persönlich verletzt, weil es gegen mich war. Das war ein Wechselbad der Gefühle, aus Selbstvorwürfen, Wut, Scham und Mitleid! Alles das, was ich ja schon einmal erlebt und erfolgreich hinter mir gelassen habe, aber wir sollten wohl noch einiges lernen.

All diese Gefühle sind für ein erfolgreiches Training oder Bearbeiten eines solchen Traumas nicht hilfreich und stehen im Weg. Man muss loslassen, sich selbst und anderen verzeihen, nicht in der Vergangenheit kleben, die Dinge nicht persönlich nehmen und im hier und jetzt leben. Etwas anderes macht ein Hund auch nicht und eigentlich sind sie die besten Lehrer!

Es gab am Anfang wieder bei jedem Training am Ende Tränen und ich kann mich immer nur wieder bedanken, wie ich bei Mandy und Carsten aufgefangen wurde! Immer wieder haben sie mich in den Arm genommen und wiederaufgebaut!

Therapeutisches Lernen ist ein innerer Prozess.

Wir machen jedes Mal Fortschritte und das hat nichts mit normalem Hundetraining zu tun, es ist eher eine Therapie oder eine Traumabewältigung. Eine Traumabewältigung, in der Cruizer sein Gesicht behalten, diese Gefühle noch einmal durchleben kann und nach und nach sie anders einzuordnen lernt. Es bedarf hier so viel Gefühl, Herzlichkeit und Liebe, um ein Alternativverhalten mit Negativbelohnung aufzubauen!

Dieser Ansatz, welcher das Ziel einer emotionalen Erleichterung beinhaltet, ist nichts für schwache Nerven. Das Thema posttraumatische Belastungsstörung behandelt tiefsitzende, negative Emotionen und Blockaden, die in der Regel nur dann gelöst werden können, wenn der Hund die durch Schmerzen verursachten Emotionen noch einmal neu erleben kann, um sie letzten Endes neu einordnen zu können.

Das neue Erleben führt zu einer neuen Motivation, die wiederum die Möglichkeit schafft, neue Verhaltensreaktionen zu erlernen. So erklärte mir das Carsten.

Traumabewältigung – über den Umweg in kleinen Etappen.

Dafür setzte mich Carsten geschickt als Auslöser ein, der Cruizer kontrolliert in seine gegen mich gerichtete Aggression fallen lässt. Extrem konzentriert und doch immer mit Witz hat uns Carsten durch die emotional hinterlegte Berg- und Talfahrt geführt, an der ich selbst enorm gewachsen bin. Nach jeder Therapieeinheit, so nenne ich unsere kleinen Sitzungen, half mir Carsten durch seine genauen Erklärungen, die starken aufgetretenen Emotionen und Verhaltensreaktionen von Cruizer richtig einzuordnen.

Carsten erklärte uns zum Beispiel, welche bestimmten Symptome zu welchem gerade gezeigten Nervensystem gehören, was letzten Endes dazu führte, die folgenden Einheiten ganz anders zu betrachten und die Fortschritte in ganz anderen Blickwinkeln zu suchen.

Die Arbeit bezüglich Vertrauen muss in vielen Bereichen stattfinden!
Die Arbeit bezüglich Vertrauen muss in vielen Bereichen stattfinden!

Man merkt richtig, wie Cruizer so sein Trauma bewältigen und irgendwann loslassen kann. Parallel arbeiten wir mit einer Psycho-Kinesiologin und einer Tierkommunikatorin zusammen, welche uns mit Hilfe von Energiearbeit unterstützen, Blockaden zu lösen. Alles zusammen ist eine Faszination und ein Zusammenspiel von mehreren Philosophien, welche harmonisch miteinander abgestimmt sind und zu den ersten Erfolgen führen.

Neue erworbene Verhaltensketten zeigen im Alltag Wirkung.

Vor ein paar Monaten wurde er in Narkose gelegt ohne Beruhigung vorher und hat nicht ausgelöst. Letzte Woche hat Cruizer sich draußen vor der Praxis das erste Mal ganz entspannt und wieder freudig untersuchen lassen. Mittlerweile können wir wieder eine halbe Stunde in die Physiotherapie gehen und er kann dabei entspannen. All das sind kleinschrittige Erfolge, die auf viel Fachwissen und gezielt eingesetzte Trainingsabläufe zurückzuführen sind.


Am Anfang dieser „Therapiesitzung“ bei Carsten, hat Cruizer fast eine Stunde lang gebraucht, um aus seinem Tunnel rauszukommen. Carsten hat mich dabei so lange in der direkten Konfrontation mit Cruizer unterstützt, bis Cruizer sein Fixieren gegen mich abgestellt hat und in ein anderes Verhalten gerutscht ist. Es sagte jemand, der sich die Arbeit mit anschauen durfte, dass man die Luft hätte schneiden können.

Noch zu Beginn hat es ewig gedauert, Cruizer aus der Belastung heraus zu entstressen. Ein ruhiges Bewegen hat ihm geholfen, den Stress zu verarbeiten. Jetzt erst habe ich so richtig gemerkt, was Carsten meinte, wenn er sagte: Bevor die Beziehung nicht steht, kann man nirgendwo richtig ansetzen. Besonders in diesem Fall ist es schwer, solch ein Trauma zu bewältigen, wenn die soziale Komponente tiefe Risse hat, da der Hund den Halter extrem braucht, um dies loslassen zu können.

Stressverarbeiten kann sich über Tage hinziehen!

Cruizer hat die aufgerollten Emotionen aus der „Therapiesitzung“ manchmal tagelang mit sich getragen. Er zeigte dies mit starkem Zähneklappern und vielen anderen körperlichen Stressanzeichen, gepaart mit ambivalenten Verhaltensmustern.

Er baute große Distanz zu mir auf, um das Erlebte verarbeiten zu können. Carsten beruhigte mich immer und sagte, dass ich ihm Zeit lassen muss, damit er den Weg zu mir neu finden kann. Mittlerweile schüttelt er sich nach jeder Belastung, die mit der Traumaerfahrung beim Tierarzt in Verbindung stehen könnte, frei und läuft dann, ohne jegliche Spannungen ins sich, erleichtert mit uns mit.

Dabei spielt es keine Rolle mehr, ob wir eine Untersuchung beim Tierarzt machen oder im gezielten Belastungstraining bei Carsten sind. Es dauert nicht länger als eine Minute und Cruizer ist aus seinem Tunnel, aus dem er früher mindestens 1 Stunde gebraucht hat, komplett raus. Er sucht nun ganz stark meine Nähe und schleppt nichts mehr mit.

Akzeptanz schafft Vertrauen und das fördert die Beziehung.
Akzeptanz schafft Vertrauen und das fördert die Beziehung.

Er liegt abends schon wieder mit mir auf der Couch und kann entspannen. Alles das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind! Bald wollen wir das erste Mal in eine Tierarztpraxis gehen und dort die erlebte Situation komplett nachstellen und bearbeiten. Ich freue mich schon sehr darauf.

Hat man das Warum verstanden, fällt das Akzeptieren umso leichter.

Heute macht mir auch dieses Training viel Spaß, weil ich weiß, dass wir Cruizer damit wirklich helfen! Ich bin nicht mehr traurig danach, weil ich weiß, dass es gar nicht gegen mich geht, sondern er aus purer Angst handelt und wenn er aus dem Tunnel draußen ist, er sich freut, dass ich da bin! Ich nehme es nicht mehr persönlich und bin verletzt.

Es hat sich also einiges getan, denn aus Selbstvorwürfen und Wut wurde Vergebung, aus Mitleid wurde Mitgefühl und aus dem Schamgefühl wurde Stolz! Stolz, dass wir auch diese Herausforderung angenommen haben und meistern werden! Stolz, dass ich mit Cruizer ganz entspannt und nicht mehr emotional zum Tierarzt gehen kann und stolz, dass wir ihn niemals aufgegeben haben, mit all seinen Themen, weil er unser Bulli ist und wir ihn lieben, so wie er ist!

Durch ihn haben wir eine Menge tolle Menschen kennengelernt und wir sind glücklich darüber, dass sie in unser Leben getreten sind!
Man kann vieles aus unserer Geschichte lernen…

Man kann nicht alles verhindern, aber man sollte niemals aufgeben und mit Liebe und Geduld kann man alles erreichen, was man will! Besonders sollte man die kleinen Dinge im Leben zu schätzen lernen! Auf die kommt es nämlich an!

Sabrina, Nadja & Cruizer
Wir sind auf dem richtigen Weg!

Sabrina, Nadja & Cruizer

Manchmal muss man einen Weg 2 Mal gehen, um wirklich verstehen zu lernen. Welche Hürden wir das 1. Mal gehen mussten, können Sie in der Geschichte “Bullterrier und Halter finden wieder zu einander.” lesen.


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Über den Autor

Carsten Wagner

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