Ein Tag im Leben eines Hundetrainers – eine Außenansicht
Unser Tag begann um 9 Uhr morgens und endetet um 19 Uhr abends in Dunkelheit. Es war Ende Oktober und kalt, sehr kalt. Zumindest für mich. Carsten schien es weniger auszumachen. Mir ging es an die Substanz. Ich weiß, das klingt wenig romantisch und wahrscheinlich ist es auch nicht das Erste, an das man denkt, wenn man sich mit dem Beruf des Hundetrainers auseinandersetzt, aber spätestens nachdem ich von einer Kundin auf meine blauen Lippen aufmerksam gemacht wurde, sorgte ich mich um mich selbst.
Ich kann also nur empfehlen bei der eigenen Berufswahl stets das Wetter zu bedenken.
Carsten und ich sahen an dem Tag fünf Mensch-Hund-Teams – sofern ich mich recht erinnere. Mein Tag mit Carsten liegt erst eine Nacht zurück und trotzdem habe ich bereits Probleme, mich an ihn in seiner Gänze zu erinnern. Das liegt wahrscheinlich daran, dass der ganze Tag vollgepackt war. Ein Mensch-Hund-Team kam nach dem Nächsten. Dazwischen keine Pause. Nur einmal der Besuch einer netten Hundebesitzerin und ihres Mini-Bullterriers.
Den nutzte ich prompt dazu, mir im kalten Südpark eine Toilette zu suchen und um am Nachmittag das Erste und Einzige bis zu unserem Feierabend zu essen. Zu Carsten kamen zu Beginn des Tages zwei Pärchen mit jeweils einem Mini-Bullterrier-Welpen. Die beiden Hunde waren Bruder und Schwester und erst acht Wochen alt und somit auch erst wenige Tage bei ihren neuen Besitzer*innen.
Fachlicher Inhalt – individuell angepasst!
Ich kam mir während dieser insgesamt fünf Stunden immer wieder grenzdebil vor, da das Lächeln ob der süßen Hunde stets nur für kurze Zeit aus meinem Gesicht verschwand. Man, waren die süß! Wenn man jetzt meint, dass die beiden Termine mit den Welpen, die nacheinander stattfanden, mich spätestens beim zweiten Besuch langweilten, der irrt sich.
Es war nicht der Fall, dass Carsten zweimal hintereinander das Gleiche erzählte. Es war vielmehr so, als würde ich während der zweiten Trainingsstunde anfangen zu verstehen, was hinter dem Erzählten steckt, welche Haltung damit einhergeht. Als nächstes kam ein Hund, ein Rüde, etwa zwei Jahre alt und seine beiden Besitzer*innen. Das Problem des Hundes wiederzugeben, fällt mir in der Kürze schwer. Er ist ein eher ängstlicher Typ – der Hund, nicht die Besitzerin.
Sie erschien mir vielmehr sanftmütig, bedacht, nett und sympathisch. Doch das machte ihr die Erziehung ihres Hundes nicht gerade leichter. Bei diesem Team schien es darum zu gehen, den Hund aus dem Reiz rauszunehmen und ihm Ruhe zu gönnen. So oder so ähnlich war es auch beim letzten Mensch-Hund-Team. Ein wunderschöner großer Magyar Vizsla mit Leinenaggression und Ängstlichkeit und seine drei Besitzerinnen – Mutter und zwei Töchter – kamen vorbei.
Der Anspruch des Hundes verlangt 100%
Dieses Mal sparte Carsten nicht mit Lob an die Tochter, die den Hund an der Leine führte. Sie war klar in ihrer Kommunikation. Klar ist übrigens auch Carsten. Wenn er der Meinung war, es gab nichts zu loben, dann lobte er nicht – weder Besitzer*innen noch die dazugehörigen Hunde. Das führte bei ihm aber keineswegs zu weniger Zugewandtheit. Carsten schien mir stets bei der Sache zu sein und das über einen so langen Zeitraum.
Seine Präsenz vermisste ich nie. Seine Aufmerksamkeit und Analysearbeit war stets vorhanden. Ich sah ihm den Spaß an seiner Arbeit an und seine Kompetenz lag für mich in der Schlüssigkeit seiner Analysen, in den Aha-Erlebnissen seiner Kund*innen und in den Verhaltensmodifikationen der Hunde begründet. Nun hätte ich vor lauter Lob an Carsten fast unser vorletztes – nicht minder interessantes – Mensch-Hund-Team vergessen. Ein wohlerzogener, in sich ruhender Border Collie und seine Besitzerin. Der fast zweijährige Hund und sein Frauchen kommen schon länger zu Carsten.
Zuerst stand im Vordergrund den Hund zu einem verlässlichen Alltagsbegleiter zu machen. Was soll ich sagen, das scheint vollends gelungen zu sein. Nun werden der Hund und dessen dazugehöriger Mensch für den Hundesport vorbereitet. Für mich war es eine sehr interessante und abwechslungsreiche Erfahrung dabei zuzuschauen.
Beziehungsarbeit ist Arbeit an sich selbst!
Was ich nicht unerwähnt lassen möchte, sind Carstens eigene drei Hunde und einen Pflegehund. Wenn die drei beziehungsweise vier zwischendurch aus dem Auto kamen, sei es um ein paar Runden zu laufen, als lebende Beispiele zu dienen oder um sich einfach nur zu erleichtern, war das stets ein Schauspiel. Es war für mich – und wie man sah und hörte auch für die Kund*innen – bemerkenswert und interessant zu sehen, wie Carsten mit ihnen umgeht und wie die Hunde sich verhalten.
Ich denke, das ist etwas, was sich nahezu jeder Hundebesitzer und jede Hundebesitzerin für den eigenen Hund wünscht. Nicht vergessen darf man dabei meiner Meinung nach wie viel Arbeit und Liebe dahinter steckt.
Es bleibt zum Abschluss die Frage, was die Erfahrungen dieses Tages mit mir und meiner Berufsidee gemacht haben. Erstmal habe ich viel gelernt, auch was die Be- und Erziehung meines eigenen Hundes betrifft – mit dem ich und mein Freund zu Carsten in die Hundeschule gehen. Zur Frage, ob ich mir das Ganze als Beruf vorstellen kann: Ich weiß es nicht. Es ist sicher ein langer und nicht immer einfacher Weg dorthin. Wobei die Frage ist: Welcher längere Weg ist schon immer einfach?
Ich bin bereits einen beruflichen Weg gegangen, habe einen Abschluss und kann, wenn ich möchte, den lieben, langen Tag in einem beheizten Raum sitzen. Wie ihr merkt: Die Kälte steckt mir noch immer in den Knochen. Die Antwort auf die Frage ist und bleibt: Ich weiß es nicht. Doch ohne die Erfahrung, die ich bei Mit Hunden leben – Hundeschule machen durfte und für die ich Carsten sehr dankbar bin, wäre ich in meiner Entscheidungsfindung nicht so weit gekommen.
Danke!
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